30.10.2020
Da diese Frage mir schon so oft gestellt wurde möchte ich mal wieder zur Aufklärung beitragen.
Da mir allerdings der ICD 10 zu trocken ist, hier das Borderlinempfinden aus Sicht einer Borderlinerin:
“Mein größtes Problem sind heute meine Stimmungsschwankungen. Gestern war ich noch so gut drauf und ich dachte - wie schon so oft - dass das jetzt endlich so bleibt. Es hat sich wirklich gestern noch so angefühlt, das glaubt mir immer keiner. Und heute geht’s mir richtig besch…..
Meine Gefühle kommen und gehen einfach wie sie wollen. Da gibt’s keine Regel, an die ich mich halten könnte. Ich kann mich überhaupt nicht auf mich selbst verlassen, weiß vor einem Termin nie, wie es mir gehen wird. Dadurch können sich andere natürlich auch nicht auf mich verlassen. Die halten mich alle nicht aus, ich bin eine Zumutung und das macht einsam, traurig und auch wütend.
Alleine daheim überfällt mich dann eine unglaubliche Leere, ich fühle mich wie ein Panther im Käfig. Selbst wenn mein Blick auf den Zettel mit den notierten Beschäftigungsmöglichkeiten fällt, fühle ich mich wie gelähmt und meist nicht dazu in der Lage, auch nur irgendetwas davon umzusetzen.
Ich fühle mich verlassen von anderen, spüre mich selbst nicht und möchte am liebsten im Erdboden versinken, abtauchen, weg von diesem Planeten, auf den ich eh nicht gehöre. In solchen Momenten kommt dann der starke Drang, mich zu ritzen. Der Druck ist zu groß, ich dreh ab, bin ganz weit weg von mir, schneide, komm wieder her … besser … nur die Reaktion anderer zeigt mir immer wieder, dass sie das nicht verstehen, dass sie gar nichts verstehen, dass sie nur ihre eigene Angst betäuben, indem sie mir unbedingt helfen wollen.
Ich will verstanden werden! Angst brauch ich nicht noch von anderen, die hab ich schon selbst genug! Das Ritzen wirkt wie ein gutes Medikament, holt mich aus meinem weggetretenen Zustand und läßt mich mich wieder spüren - sonst nichts. Die Narben sind mir in solchen Momenten völlig egal. Viel wichtiger ist mir, dass es mir hilft!
Wenn ich allen so viel Angst und Probleme mache und mich nur noch als Belastung empfinde, wäre ich manchmal am liebsten tot. Ich stelle mir dann vor, wie die anderen froh wären, sich über mich keine Gedanken mehr machen zu müssen. Vielleicht würde manchen nach meinem Tod aber auch ein Licht aufgehen und sie würden dann sagen: “Mein Gott, wie haben wir sie verkannt, sie war doch ein so toller Mensch und wir haben sie so schlecht behandelt. Jetzt ist sie tot, wir hätten doch merken müssene, wie schlecht es ihr geht!”
Manchmal kommt es auch vor, dass ich mich besonders als Opfer meiner Kindheit und damaligen Umstände fühle. Dann geb ich innerlich allen die Schuld an meinem Zustand und bin so frustriert, dass ich nur noch alles, was ich an Essen finde, in mich reinstopfe, bis ich wie aus einer Trance aufwache, weil mir speiübel ist.
Dann geht die Kotzerei wieder los, bis ich verschwitzt und heulend irgendwann mit ganz heftigen Schuldgefühlen in einen unruhigen Schlaf versinke. Das einzig gute daran ist, dass ich nicht zunehme, wobei ich mich mal dick, mal ganz gut finde - ich kann mir das auch nicht erklären, mein Spiegel zeigt mir das jeden Tag anders.
Schuldig eingeschlafen, schuldig aufgewacht! Der darauffolgende Tag wird dann die absolute Herausforderung. Es kam einfach zu viel zusammen, ich halte die Realität nicht mehr aus, umbringen geht auch nicht wegen der Angst. Da nun eh alles egal ist, schmeiß ich mir Drogen ein, die halten eine Weile, da muss ich nicht ständig denken, da ist kein “müsstest” oder “solltest” im Kopf, da ist einfach nur glückliche Entspannung oder das Gefühl der absoluten Kontrolle, je nachdem - ich kann einfach nicht mehr!
Ich kann mich sehr schnell verlieben, kam aber bisher immer an die falschen Männer. Entweder hat er mich nicht verstanden, war ständig betrunken, hat mich meistens beschimpft oder war ein Ego, der sich nur um sich selbst kümmert und nicht um mich.
Beziehung ist einfach schwierig, das muss schon der Richtige sein. Anfangs geht’s immer ganz gut, wahrscheinlich zeigt der Mann da noch nicht sein wahres Gesicht - er will mich ja ins Bett kriegen. Ist das dann passiert, ändert sich plötzlich alles. Mich nervt dann oft, wenn er da ist, weil ich Zeit für mich brauche. Wenn er dann aber was für sich macht und sich nicht sofort mit mir trifft, wenn ich das will, dann dreh ich fast durch vor Angst und Wut.
Dann schießt mir durch den Kopf, dass ich mich von meiner besten Seite zeigen muss, weil er mich sonst bestimmt verlassen wird. Das macht mich wütend, doch Wut ist verboten und das macht mich traurig mit viel Angst. Eine Endlosspirale nimmt - wieder mal - ihren Lauf und ich schreibe eine SMS nach der anderen, als ob alles davon abhängt, einfach alles.
Bis jetzt hat das alles immer in einem Desaster geendet. Klar - erst spielt er den ganz Tollen und dann entpuppt er sich als der größte A….!
So erging es mir auch schon öfter mit Therapeuten. Erst fand ich sie wirklich sehr einfühlsam und dachte: Endlich jemand, der mich im Innersten versteht. Denkste! Waren alle gleich, einer wie der andere.
Ich wäre zu Großem berufen gewesen, hätte Abi gemacht und studiert, hätte Gitarre gelernt, wie ein Profi geturnt, doch daraus konnte leider nichts werden, denn das hat ja früher keinen interessiert. Nicht umsonst bin ich Borderliner geworden - WAS KANN ICH DAFÜR!!!
Nicht jeder Borderliner hat alle genannten Symptome, manche hören zusätzlich kurzzeitig Stimmen, wie aus der Schizophrenie bekannt. Manche Menschen haben nur wenige oder abgeschwächte Symptome, bei jedem zeigt sich’s anders und ganz individuell.
Doch eines weiß ich aus Erfahrung: Jeder, der mit Borderlinern zu tun hat, als Angehöriger, Freund oder Partner hat selbst Borderlineanteile, sonst hätte er nicht damit zu tun,ist aber dadurch noch lange kein Borderliner.
Admin - 20:50:14 @ Borderline | Kommentar hinzufügen
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